Zwischen Anlage und Umwelt

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Die 8 Jahre alte Viktoria mag die Schule sehr – wenn nur nicht der Deutschunterricht mit dem Lesen und Schreiben wäre. Sie hat immer noch Mühe und Not mit den einzelnen Buchstaben, während ihre Banknachbarin schon flüssig Wörter und kurze Sätze lesen kann. Ihre Eltern machen sich bereits Sorgen und überlegen, ob Viktoria nicht genügend im Unterricht aufpasst. Oder liegt es vielleicht an dem Deutschlehrer ? Müssen sie mehr mit Viktoria üben ? Oder – hat sie etwa die Leserechtschreibschwäche vom Großvater geerbt ? Wie wird sich dieses Problem in Zukunft gestalten und entwickeln ?“

Wenn wir uns solche Fragen über einen Lern- und Entwicklungsbereich stellen, gelangen wir oftmals auch auf das Thema Erbanlage und Umwelt und einem möglichen Zusammenhang.
So erörtert die Mutter von Viktoria am nächsten Kegelabend den möglichen Einfluß von Anlage und Umwelt auf die Entwicklung ihres Kindes.
Hier weiß Frau Meier aus einem Buch zu berichten, daß die Erbanlagen aus sogenannten „organischen und funktionellen Strukturen“ bestehen, die das Wachstum und die Entwicklung eines Kindes mit bestimmen. So stellt das Gehirn mit seinen vielfältigen Hirnarealen, ein bedeuteundes Organ dar, das die Entwicklung erst ermöglicht und voraussetzt.
Seine funktionellen Strukturen und seine Ausreifung haben sich im Verlaufe der langen entwicklungsgeschichtlichen Zeit zunehmend differenziert und spezifiziert. Typisch ist dabei, daß die Differenzierung und Spezifizierung der organischen und funktionellen Strukturen von Kind zu Kind so unterschiedlich angelegt und ausgereift ist, dass sie auch eine unterschiedliche, individuelle Ausprägung an Fähigkeiten und Verhaltensweisen hervorbringen. Auch
zeitlich gesehen, kann sich die Ausbildung einer Fähigkeit von anderen
gleichaltrigen Kindern unterscheiden (wie z.B. zum ersten Mal sicher auf beiden Füßen stehen können oder laufen lernen).

Die Anlagen alleine können aber weder Fähigkeiten, noch Verhaltensweisen hervorbringen.
Dazu braucht es maßgeblich die Umwelt.
So kann ein Kind mit allen vorhandenen Anlagen um Sprache zu erlernen, erst dann sprechen lernen, wenn es sie auch hört. Ein gehörloses Kind kann, auch wenn seine Sprachzentren im Gehirn normal angelegt sind, nicht aus sich heraus Wörter bilden.

Unser Gehirn kann als ein hochentwickelter biotechnischer Computer angesehen werden. Wenn wir geboren werden ist die „Festplatte“ unseres Gehirns noch relativ leer. Es befinden sich auf ihr noch keinerlei Programme für Sprache, Lesen, Schreiben,  Rechnen usw. Diese und viele andere Fertigkeiten lernen wir erst durch ein entsprechendes Training.
Man könnte auch sagen, durch eine entsprechende Programmierung im Elternhaus und in der Schule.

Als Babys kennen wir zunächst nur Hunger, Lust- und Unlustgefühle, das Bedürfnis nach Schlaf und werden von angeborenen Reflexen; wie Saugreflex, Greifreflex, Schluckreflex, Kriechreflex  etc. bestimmt. Dieses Phänomen liegt in der sogenannten Phylogenese ( Stammesentwicklung )  begründet und bietet uns einen ersten Anhaltspunkt  für den allgemeinen Entwicklungsverlauf des Menschen.
Demzufolge steht die Entwicklung eines Menschen im engen Zusammenhang mit der Hirnreifung.
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